Dr. Patrick David
Was hast Du studiert?
Ich bin Diplom-Informatiker.
In welchem Fachgebiet hast Du promoviert, und worüber hast Du geforscht?
Ich habe in Betriebsfestigkeit (Maschinenbau) promoviert. Ich habe die Beanspruchungen auf Radsatzwellen (also "Eisenbahnachsen") bei Nahverkehrszügen analysiert.
Wie sieht Dein aktueller Job aus?
Ich arbeite im Bereich Betriebsfestigkeit bei Audi. Dort kümmere ich mich um eine Software im Fahrzeug zur Ermittlung von Beanspruchungen im Auto - ich kann also die beiden Bereiche der Informatik und der Betriebsfestigkeit verbinden.
Hattest Du einen Auslandsaufenthalt im Studium oder in der Promotionszeit?
Nein. Diese Frage wurde mir bei meiner Bewerbung bei Audi natürlich auch gestellt. Ich habe sie wahrheitsgemäß beantwortet: Wenn ich für ein Semester ins Ausland gegangen wäre, dann wäre die Aikido-Kindergruppe weggebrochen, die ich geleitet habe. Das war es mir nicht wert, also habe ich Prioritäten gesetzt.
Hast Du Dich nebenher (ehrenamtlich) engagiert?
Ja, ich war während der gesamten Dauer im Studium und der Promotion als Leiter einer Sportgruppe (Aikido) für Kinder und Erwachsene tätig und daher 4-5x pro Woche als Sportlehrer eingesetzt. Abgesehen von einer kurzen Pause in der Zeit des Umzugs von Clausthal nach Ingolstadt mache ich das bis heute.
Hast Du an überfachlichen Weiterbildungsprogrammen teilgenommen?
Ja, aber nicht während der Studienzeit. Seit ich bei Audi bin mache ich das regelmäßig.
Welche Sprachkenntnisse brauchst Du heute im Job?
Am Anfang ausschließlich Deutsch. Aber auch der Volkswagenkonzern ist inzwischen im internationalen Geschäft angekommen und ich muss fließend Englisch sprechen (was zum Glück kein größeres Problem für mich darstellt). Das fehlende technische Englisch lernt man eh "on the job".
Hast Du während der Ausbildungszeit bereits Praxiserfahrung gesammelt?
Kommt auf die Definition an. Ich habe bereits während meines Studiums der Informatik als wissenschaftliche Hilfskraft im IMAB (Institut für Maschinelle Anlagentechnik und Betriebsfestigkeit) gearbeitet (Softwareentwicklung). Da ich dort als Informatiker fachfremd war hatte ich recht große Gestaltungsmöglichkeiten, aber wenig Gleichgesinnte in dieser Umgebung mit denen ich mich fachlich austauschen konnte. So gesehen habe ich eine Menge Praxiserfahrung gesammelt. Ich war aber nicht außerhalb der TUC angestellt.
By the way: Bei meiner Bewerbung bei Audi wurde mir die Promotionszeit (teilweise) als Praxiszeit gewertet, da ich am IMAB nicht ausschließlich Forschungsprojekte sondern auch jede Menge Industrieaufträge bearbeitet habe.
Wovon konntest Du im Job am meisten profitieren?
Die Betriebsfestigkeit ist schon eher ein Exotengebiet. Das ist natürlich gut für mich, da es in diesem Bereich nur verhältnismäßig wenige Fachleute gibt. Daher war es auch völlig egal, dass ich im Bahnbereich promoviert hab und jetzt in der Automobilindustrie arbeite.
Als Informatiker in der Ingenieurswelt war das Wasser anfangs sehr kalt. Ich hatte von den (für Ingenieure) simpelsten Dingen keine Ahnung, ich konnte nicht mal eine technische Zeichnung lesen. Ich war also der Ahnungslose im Kreis der Erleuchteten. Was habe ich gelernt? Man kann alles lernen! Lass dich nicht unterkriegen, stell Fragen, bei denen alle im Raum mit den Augen rollen! Alle denken du seist dämlich? Halt das aus! Frag so lange nach, bis du es verstanden hast. Du kannst dich in alles reinfuchsen, genau das lernt man im Studium.
...und by the way: Programmieren zu können hilft heutzutage in JEDEM Bereich!
Was brauchst Du heute im Job, was Du nicht im Studium/während der Promotion gelernt hast?
Sagen wir es mal so: Im Studium und in der Promotion ist man auf weiten Strecken Einzelkämpfer. Ich arbeite heute in einem großen Konzern mit vielen Mitarbeitern, die einen sicheren Job und einen festen Arbeitsvertrag haben. Es ist nahezu unmöglich, jemandem aus dem Weg zu gehen, falls man ihn fachlich braucht. Daher ist eine der wichtigsten Fähigkeiten: Lerne, wie du mit Menschen klar kommst. Und zwar auch (oder insbesondere) mit denen, die nicht auf deiner Wellenlänge liegen. Es ist nicht wichtig, ob du sie magst oder nicht - du musst mit ihnen arbeiten um das Beste aus dem Projekt rauszuholen. Lernt mit allen Menschen umzugehen - unabhängig von Herkunft, Kurlturkreis, Bildungsstand, politischer Meinung usw. Motiviere sie, mit dir zusammen zu arbeiten. Sei zuvorkommend, behandle jeden mit Respekt und spiele niemals die "Das ist nicht mein Problem"-Karte. Die kommt nämlich wie ein Bumerang zurück.
Gibt es etwas, was Du unseren Absolvent:innen mit auf den Weg geben möchtest?
Wenn ich mir Bewerber:innen anschaue und bewerten soll, ob sie zu uns passen, sind Noten bei mir persönlich zweitrangig (Achtung: evtl. gibt es einen Voraussiebprozess, bei dem Noten eine wichtige Rolle spielen). Ein:e Bewerber:in muss mich überzeugen, dass er/sie bereit ist zu lernen und ins menschlich ins Team passt - also einfach in Ordnung ist. Ich bewerte Lebenserfahrung und gerne auch den Wechsel von Perspektiven. Wer sich in seiner Vergangenheit in vielen (Lebens-)Situationen zurechtgefunden hat, wird auch im Job gut klar kommen. Wer sich dauerhaft in einem Bereich engagiert (bei mir ist es Aikido, der konkrete Bereich ist aber egal) und dabei Höhen und Tiefen übersteht, hat Durchhaltevermögen bewiesen. Ich hatte auch schon Bewerber, die Angehörige pflegen oder bis zum Tod begleiten mussten. Diese Leute waren in jungen Jahren sehr viel weitsichtiger als viele ihrer Mitbewerber - auch das ist Erfahrung. Bringt das im Bewerbungsgespräch mit ein.